Encounter Ideen für eine Kampagne zum Thema Gedankenkontrolle oder Schwarmintelligenzen
Der folgende Blogpost soll euch GMs und DMs da draussen einige Encounter-Ideen geben, wie ihr Gedankenkontrolle in euren Kampagne einsetzen könntet. Alle Ideen können am Ende der Seite als .pdf heruntergeladen werden.
Übersicht
Einleitung
Gedankenkontrolle und Bewusstseinssteuerung war von Anfang an Teil von RPGs wie Dungeons und Dragons. Meistens nahm diese jedoch die Form von meist nicht sehr lustigen Mechaniken, wie z.B. Verzauberungen, welche das Alignment ändern (AD&D) oder Zaubersprüche wie «mind rape» (D&D 3.5), an. Mechaniken, welche den Spielern das Gefühl geben, dass der GM betrügt oder das er Ihnen das Rollenspielen abnimmt, sind meistens schlecht. Spiele mit Geisteskrankheiten wie «Call of Cthulhu» sind in dieser Hinsicht meistens besser – da Charaktere im Laufe der Zeit von verschiedenen Monstern in den Wahnsinn getrieben werden.
Die folgenden Encounter Ideen drehen sich allesamt um das Thema Gedankenkontrolle und die möglichen interessanten Situationen, die sich daraus ergeben können. Sie sind angeordnet in einer Skala von «nur ein wenig beeinflusst» zu «unter fast vollständiger Gedankenkontrolle». Sie sollen GMs als Inspiration dienen, wie man eine langsam schleichende Gedankenkontrolle oder Bewusstseinskorruption in einer Kampagne einsetzen könnte.
Teil 1: unter fremdem Einfluss
Der Schlüssel zum Erfolg für den Einsatz von Gedankenkontrolle oder Wahnsinn in einer Kampagne ist Geduld. Nehmt euch Zeit eure Spieler zu beeinflussen – im Spiel und ausserhalb. Die folgenden Encounter Ideen sind dazu gedacht, einen Samen der Kontrolle oder des Wahnsinns zu pflanzen in den Köpfen der Spieler zu pflanzen. Innerhalb der Kapitel folgen diese Ideen keiner bestimmten Reihenfolge, verwendet einfach stets was gerade zu eurer Kampagne passt.
Über den Tellerrand
Normalerweise findet der ersten Kontakt mit einer Schwarmintelligenz oder einem Wesen, das Gedanken kontrollieren kann, während einem Kampf statt. Eine fehlgeleiteter Zauberspruch, ein Biss von einem unbekannten Biest oder ein neuartiges Gift, ist alles das es braucht. Dank diesem Erlebnis kommen die Spieler zum ersten mal mit einem kleinen Teil eines fremden Bewusstseins in Kontakt.
Zum Beispiel: Die Spieler kämpfen gegen einen Haufen verrückter Kultisten. Selbst in der Überzahl sind diese nicht besonders gefährlich. Es ist allerdings seltsam, wie die Kultisten im Kampf überhaupt keine Rücksicht auf ihr eigenes Leben nehmen. Plötzlich wirft einer der Kultisten einen Spieler zu Boden. Er injiziert (oder verzaubert) den Spieler mit einer unbekannten Magie, die ihn sofort bewusstlos werden lässt. Während die restlichen Spieler gegen die verbliebenen Kultisten kämpfen, reicht der GM dem betroffenen Spieler eine kleine Notiz. Darauf steht etwas wie:
«Das Wesen, bekannt als NAME_DES_SPIELERS, ist tot. Oder vielmehr, es realisierte, dass es nie existiert hat. Es gab nie so etwas wie PLAYERNAME – nur eine Ansammlung an Molekülen, die sich selbst in dem Glauben täuschte, sie sei eine separate Einheit von all den Molekülen um sie herum. Vor seinem Tod sah PLAYERNAME allerdings noch etwas: ein wahres Bewusstsein, ein Wesen, das diese Welt beobachtet, ohne Teil davon von ihr zu sein. Es hatte das Aussehen von FÜGE_PASSENDES_SYMBOL_HIER_EIN.»
Nachdem der Kampf beendet ist, nimm die Notiz von deinem Spieler zurück und sag dem ganzen Tisch, dass er langsam zu sich kommt. Benutze am besten im Moment keine Statusveränderungen, um die Veränderungen, die diese Begegnung mit sich gebracht hat, zu reflektieren.

Parasitäre Schwarmintelligenz
Ein alternatives Szenario könnte eine Vergiftung oder eine Infektion mit einer parasitären Schwarmintelligenz oder einem Gedankenkontroll-Virus sein. Es könnte so ablaufen: Die Gruppe entdeckt in einem Dungeon einen kleinen Raum mit einem seltsamen Gegenstand (ein religiöses Symbol, eine alte Tafel usw.) auf einem Sockel in der Mitte. Ansonsten ist der Raum komplett leer. Sobald einer der Spieler den Gegenstand berührt, reicht der GM ihm einen kleinen Zettel. Darauf steht z.B:
«Du spürst, wie deine Hand mit dem GEGENSTAND verschmilzt. Du kannst dich weder von dem GEGENSTAND lösen, noch kannst du von dem Sockel wegtreten. Du willst deine Gefährten warnen, aber dein Körper scheint dir nicht mehr zu gehorchen. Etwas dringt in deinen Verstand ein und sagt dir, dass du deine Gruppenmitglieder überzeugen sollst, den Raum zu verlassen ohne Verdacht zu schöpfen. Du bist davon überzeugt, dass ihr alle sterben werdet, wenn du es nicht schaffst, deine Gefährten aus dem Raum zu locken. Aber du verstehst auch, dass das fremde Wesen in deinem Verstand es dir nicht erlauben wird, seine Anwesenheit den anderen zu offenbaren. Überzeuge deine Gefährten den Raum zu verlassen und verteidige den Gegenstand – wenn nötig mit deinem Leben.
Während der Spieler liest, beschreibt der GM den anderen Spielern die Szene: Der betroffene Spieler scheint Objekt genau zu studieren, als ob er eine Inschrift lesen könnte. Sollten seine Gefährten ihn in Ruhe lassen, wird der Gegenstand mit dem Körper des Spielers verschmelzen. Der GM kann diese Infektion auch mit einer Statusveränderung unterstreichen (z.B. dauerhaft gesenkte Intelligenz, aber dafür erhöhte Weisheit). Sollten es die Gefährten schaffen, den betroffenen Spieler von dem Gegenstand zu lösen, nimmt dieser Schaden durch die Gewaltsame Trennung der geistigen Verbindung. Die Entscheidung, ob dadurch der Befall gestoppt wird, liegt beim GM.
Teil 2: langsam in den Wahnsinn getrieben
In den meisten RPGs braucht es einen Zauber oder Gift, um den Spieler dazu bringen, Dinge zu tun, die er nicht tun will. Was wir hier versuchen, ist etwas subtiler: Die Gedankenkontrolle funktioniert eher wie eine Seuche, welche den Spieler langsam infiziert. Dies sind nur einige Ideen, wie dieses Konzept vermittelt werden könnte.
An deiner Sinneswahrnehmung zweifeln

Der GM kann jetzt damit beginnen die Spielmechaniken des RPGs zu verwenden, um die Gedankenkontrolle zu simulieren. Der Trick ist es, subtil zu sein. Zum Beispiel könnten Perception oder Insight checks verwendet werden. Nehmen wir an, der beeinflusste Spieler versucht, einen NPC zu befragen und würfelt um mehr informationen zu erhalten. Der NPC erzählt diesem Spieler (und nur diesem Spieler) kryptische Geheimnisse, die er unmöglich wissen könnte. Die anderen Spieler haben nichts dergleichen gehört. Alternativ könnte der Spieler Gesichter von NPCs verwechseln oder sich selbst in der Gegenwart eines gefährlichen Monsters seltsam wohl und sicher fühlen.
Solche Gedankentricks können auch im Kampf eingesetzt werden. Der GM könnte den infizierten Spieler dazu bringen, seine Reaktion für die Abwehr eines Angriffs zu verschwenden, der gar nie kommt. Der Spieler kann auch nervös gemacht werden, in dem der GM ihm sagt, dass er Bewegungen in bereits getöteten Monstern wahrnimmt (o.ä). Was auch immer zu eurer Kampagne passt. GMs sollten einfach darauf achten, dass sie es nicht übertreiben. Ansonsten werden gute Spieler sofort merken, was vor sich geht.
Unheimlicher Fortschritt
Belohnt den infizierten Spieler mit mysteriösen Erfolgserlebnissen, die den Plänen der Schwarmintelligenz zugute kommen würden. All diese «Belohnungen» sollten wie dummes Glück oder Inkompetenz seitens des GM aussehen. Zum Beispiel scheint der infizierte Spieler nicht mehr so oft angegriffen zu werden wie die anderen. Seine Wahrnehmungswürfe offenbaren mit einer gewissen Regelmässigkeit versteckte Türen. Zudem scheint er nie irgendwelche Fallen auszulösen. Vielleicht sind auch einige NPCs nur bereit, mit dem infizierten Spieler zu sprechen.
Wahnsinn ausserhalb des Spiels
Der Erfolg dieser Idee hängt sehr von der Art der Spieler in der Kampagne ab. Sollte der GM eine erfahrene RPG-Gruppe haben, könnte der GM dem infizierten Spieler wahrscheinlich einfach sagen, dass sein Charakter Alpträume hat und Stimmen hört (oder ähnliches). Vermutlich wird er dann verstehen, wie sich sein Verhalten im Spiel verändern würde.
Eine einfachere Idee wäre, die Spieler ausserhalb des Spiels zu bitten, dem GM die interne Motivation ihrer Charakteren in einem Paragraphen zusammengefasst zu schicken. Dann bespricht der GM die Motivation entweder nur mit dem infizierten Spieler und versucht so, diesen zu beeinflussen. Alternativ kann der GM diese Informationen innerhalb des Spiels verwenden (z.B. kennen plötzlich gewissen NPCs die tiefsten Wünsche der betroffenen Spielers).
Teil 3: Eins mit dem Netwerk
Im Idealfall sollte der zweite Teil (die Beeinflussung) auf viele Play-Sessions ausgedehnt werden. Sobald die Gruppe das letzte Drittel der geplanten Kampagne erreicht hat, kann der GM beginnen, die Situation zu eskalieren.
Der Feind lauert überall
NPCs scheinen den Spielern immer einen Schritt voraus zu sein. Sie wissen, was der infizierte Spieler weiss und handeln entsprechend. Vielleicht machen sie sogar spöttische Bemerkungen oder benutzen Phrasen, die der infizierte Spieler bei der Besprechung der Strategie verwendet hat.
Der fremde Einfluss auf den infizierten Spieler ist so stark gewachsen, dass der Feind nun durch seine Augen sehen kann.

Visionen des Feindes
Die mentale Verbindung, die der infizierte Spieler mit dem Wesen teilt, das ihn kontrolliert, muss nicht einseitig sein. Der GM kann ihm in unregelmässigen Abständen die Möglichkeit geben, einen Wisdom Check (oder etwas ähnliches) zu werfen und ihm Visionen über die Aktivitäten des Feindes zu geben. Dies funktioniert besonders gut, wenn der GM ihm diese Visionen nur privat oder mit kleinen Notizen während des Spiels kommuniziert. Die anderen Spieler sollten nie wissen, was der GM dem infizierten Spieler mitteilt.
Zugang zum Netzwerk
Die Verbindung, welche die Gedankenkontrolle ermöglicht, kann auch von dem infizierten Spieler selbst genutzt werden. Sobald der Spieler versteht, was mit ihm geschieht, kann er die Verbindung nutzen, um Informationen direkt aus dem Verstand des Gegners zu sammeln oder sogar die kleineren Teile der Schwarmintelligenz selbst zu kontrollieren.
Mit neueren Spielern macht dies besonders viel Spass, wenn der GM während dem Spiel diesem dies anhand von kleinen Notizzetteln mitteilt. Sachen wie:
Das Wesen vor dir ist dir vertraut, du weisst allerdings nicht warum. Du spürst, wie sich dein Bewusstsein mit dem des Wesens verbindet. Es besitzt nur noch die kläglichen Resten eines Bewusstseins, gerade genug, um deine Befehle auszuführen. Du erforschst das fremde Bewusstsein vor dir, und findest die folgenden Befehle, die du dem Wesen geben könntest (mache einen Perception check und erhalte eine Liste von Befehlen vom GM).
Danach, abhängig von seinem Wurf, gib ihm ein paar Notizen mit möglichen Befehlen für diese Kreatur. Falls der Spieler diese Verbindung zu oft benutzt, kann der GM ihm einen weiteren Zetteln geben. Z.B:
Das Wesen führt deinen Befehl aus, doch am Rande deines Bewusstseins fühlst den Funken einer fremden Intelligenz im System. Wirst du beobachtet?
Dies ist als Warnung gedacht – wenn er weiterhin die Verbindung überbeansprucht, kann der GM stärkere Kreaturen, welche ebenfalls Teil der Schwarmintelligenz / unter dem selben Zauber stehen, beschwören. Der GM sollte die Notizen immer zurücknehmen, nachdem der Spieler sie gelesen hat. Der Spieler kann als sein Charakter darüber reden, aber die anderen Spieler werden immer noch neugierig und vorsichtig sein, da sie dank den Zetteln nicht wissen, ob dieser die Wahrheit sagt.
Teil 4: Die Schwarmintelligenz
Mittlerweile werden die meisten Spieler wissen, was los ist oder zumindest vermuten, dass etwas nicht stimmt. Deshalb ist es wichtig, dass die Spieler sich jetzt in einer Situation befinden, in der sie es sich nicht leisten können, den infizierten Spieler zurückzulassen (z.B. in einem grossen Dungenon). Der GM kann aufhören, subtil zu sein.
Unerwartete Verbündete
Jetzt muss der GM die Spielmechaniken der Gedankenkontrolle stärker nutzen – besonders während Kämpfen. Dies sind nur einige Vorschläge, wie man dies tun könnte:
- Im Kampf Statuseffekte erhalten – z.B «charmed» der infizierte Spieler kann seinem Gegner keinen Schaden mehr zufügen.
- Nachteil auf Angriffswürfe
- Monster erhalten Vorteil auf Saving throws gegen Attacken des betroffenen Spielers
- Ziele verwechseln – der zugefügte Spieler sieht plötzlich das Gesicht seiner Kameraden auf dem Monster und umgekehrt.
Der GM sollte nicht all diese Effekte in einem Kampf einsetzen – die Frequenz kann erhöht werden, je näher die Spieler dem Machtzentrum der Schwarmintelligenz kommen.
Ist es Verrat?
Am Ende der Kampagne erreichen die Spieler das Wesen, welches für die Gedankenkontrolle verantwortlich ist. Der GM gibt dem infizierten Spieler eine letzte Notiz, auf der z.B steht:
Du kennst dieses seltsame Wesen. Es ist nicht dein Feind, ihr seid Verbündete – Teil desselben Bewusstseins. Die Leute an deiner Seite sind die wahren Eindringlinge. Sie müssen sterben – auch wenn es dich das Leben kostet. Diese Gedanken fühlen sich richtig an. Trotzdem spürst du einen leisen Zweifel irgendwo in deinem Unterbewusstsein. In jeder Runde kannst du einen Wisdom Saving throw machen, um diesen Zweifel in deinem Kopf besser zu verstehen. Bei einem erfolgreichen Wurf erkennst du die Gesichter deiner Gefährten und kannst deine anderen Aktionen so nutzen, wie du es für richtig hältst. Bei einem fehlgeschlagenen Wurf erhältst du deine Aktion zurück und greifst die Eindringlinge an.
Der daraus resultierende Kampf ist in der Regel eine spannende Sache. Wirkliche fiese GMs könnten den kontrollierten Spieler auch noch mit irgendwelchen Zaubern versärken
Die Gedankenkontrolle ist nur dann gebrochen, wenn jeder Teil der Schwarmintelligenz / des Wesens getötet wurde.
Letzter Teil: Was jetzt?
Es ist wichtig, den infizierten Spieler zu belohnen, sollte er die Tortur überleben. Vielleicht hat er sich verstecktes Wissen über die Welt angeeignet oder einen neuen Zauberspruch gelernt
Und vielleicht, ein paar Spielsitzungen später, lässt der GM ihn noch einmal die Anwesenheit einer Schwarmintelligenz spüren. Aber dieses Mal wird er bereit sein, den Kampf aufzunehmen.